Ep. 67: Hyperpolitik ist zurück!
Shownotes
Über ein Jahr ist vergangen, doch jetzt geht es weiter mit Hyperpolitik. Ines analysiert für euch die politischen Debatten unserer Zeit. Denn alles ist politisch und nichts ändert sich. Jetzt allerdings nicht mehr für Jacobin, sondern als Parteivorsitzende der Linken.
In dieser Folge geht es um Markus Söder, Furstfluencer und Ministerpräsident, und was an ihm hyperpolitisch ist. Außerdem nimmt euch Ines mit in die Hintergründe, warum die Bundesregierung lieber gegen Bürgergeldempfänger schießt, statt über ihre milliardenschweren Steuergeschenke zu sprechen.
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00:00:01: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Hyperpolitik.
00:00:11: Wir haben uns über ein Jahr nicht gesehen und in der Zwischenzeit ist ein bisschen was passiert.
00:00:16: Es hat sich einiges verändert.
00:00:18: Ich sitze in einem neuen Studio und der Podcast, der ist nicht mehr von Jacobin betrieben, weil ich in der Zwischenzeit Parteivorsitzende der Linken geworden bin.
00:00:28: Haben wir uns entschieden, weil es so viele Treue, Hörerinnen und Hörer von Hyperpolitik gab.
00:00:33: Und ehrlich gesagt, weil ich auch Lust habe, wieder kontinuierlich politische Debatten zu analysieren und gemeinsam mit euch auch zu besprechen, haben wir uns überlegt, diesen Podcast wieder aufleben zu lassen.
00:00:45: Und jetzt eben für die Partei Die Linke und ich als Vorsitzende spreche natürlich auch ein bisschen anders jetzt in diesem Podcast als als Journalistin vorher.
00:00:55: Das heißt, es wird sich ein bisschen was verändern, aber für alle, die Hyperpolitik schon ganz lange kennen, sind auch die ein oder anderen Elemente dabei, die es auch früher schon gab.
00:01:04: Also ich will wieder kontinuierlich alle paar Wochen aufnehmen, was es in der Welt passiert, was ist hochpolitisch debattiert worden, ganz emotional debattiert worden und wie ist das einzuordnen, was bewegt uns daran und was können wir von links eigentlich dagegen tun.
00:01:22: Hyperpolitik, das bezieht sich auf ein Buch von Anton Jäger.
00:01:27: der analysiert hat, dass wir in hochpolitisierten Zeiten leben ohne politische Folgen.
00:01:33: Das ist Hyperpolitik.
00:01:34: Also nach einer Zeit von Massenbewegungen und Massenparteien von starken Gewerkschaften, die abgelöst wurde von einer Zeit, in der es nur noch einzelne Bewegungen gab, viele Technokraten, die regiert haben, gerade in den Neunzigern, zwei Tausenden, gab es hauptsächlich technokratische Regierungen, die ganz harte Neoliberale.
00:01:56: Reform eingesetzt haben.
00:01:58: Und jetzt leben wir in einer Zeit, wo wir das Gefühl haben, jeden Tag passiert eine neue große Katastrophe, auf die wir keinen Einfluss haben.
00:02:06: Wir sind total individualisiert, alle Krisen prasseln auf uns hinein und es ist alles extrem hochgepurscht.
00:02:14: Jeden Tag gibt es neue ... Puschnachrichten, also wirklich wortwörtlich, die auf unser Handy in unser Leben bis tief in die Nacht doom scrollen.
00:02:22: wir und gucken uns an, was in der Welt passiert und wir selbst haben das Gefühl, wir können daran kaum etwas verändern.
00:02:28: Und das ist genau, was Hyperpolitik bedeutet.
00:02:31: Wir sind eben in einer Welt voll hoch politisierten Zeiten und nichts, was wir tun, hat politische Folgen.
00:02:39: Das klingt jetzt erstmal super depressiv, aber ich werde Wie früher auch in den Folgen von Hyperpolitik auch immer am Ende sagen, was können wir dagegen tun, um gegen Hyperpolitik aus diesem Studel auszubrechen, weil es ja nicht darum gehen soll, dass ich jetzt als Linke euch sage, was also eine schlecht läuft im Leben, sondern natürlich auch sagen möchte, wie man etwas verändern kann.
00:02:59: Aber ich starte rein wie immer mit einem kleinen, witzigen Medienüberblick als ein kleines hyperpolitisches Element, was mich in der letzten Woche besonders aufgeregt hat oder auch amüsiert hat.
00:03:12: Und es ist so der ganze Komplex, ich weiß nicht, ob es euch auch so sehr beschäftigt hat, der Streit zwischen CDU und Grüne.
00:03:21: Wo ich immer sage, in diesem Streit kann sich kein Team auf mich verlassen.
00:03:27: Und ich würde gleich sagen, das Klammer von vornherein, natürlich gibt es politische Unterschiede zwischen den Parteien.
00:03:32: Es gibt politische Unterschiede zwischen Markus Söder und Robert Habeck.
00:03:35: No offense, natürlich.
00:03:36: Mir ist das klar, wir sind inhaltlich, substanziell.
00:03:39: In vielen Fragen.
00:03:40: viel inhaltlich näher an den Grünen.
00:03:42: Aber bei Hyperpolitik geht es ja eben auch darum, wie werden Dinge besprochen und warum, was ist daran hyperpolitisch, an dem Beef zwischen Markus Söder und Robert Habeck.
00:03:53: Um euch kurz einmal reinzuholen, Robert Habeck hat die politische Bühne verlassen, er hat den Bundestag verlassen und hat nochmal ein letztes Interview gegeben, der TATS, natürlich ein Medium, wo das auch ... ganz gut reinpasst.
00:04:08: Und da hat er dann mal so gesprochen, wie er sonst noch nie vorher gesprochen hat.
00:04:12: Er war ja sonst immer so der zurückhaltende Hanseat, der immer einfach sehr freundlich und charmant war.
00:04:18: Und da hat er so ein bisschen mal vom Leder gezogen, was viele, glaube ich, auch mal ganz gut fanden, dass er mal Klartext gesprochen hat.
00:04:24: Und das, was dann davon übrig geblieben ist, als bekanntes Zitat, war das fetisch hafte Wurstgefresse von Markus Söder.
00:04:35: Das hat uns alle bewegt, weil wir alle die Bilder von Markus Söder im Kopf haben, wie er die ganze Zeit Bratwurst ist oder irgendwo sonst im Bierzelt ist und viele Mengen Fleisch in sich aufnimmt.
00:04:47: Man fragt sich sowieso, wird dieser Mann eigentlich als ein Ministerpräsident bezahlt oder ist er einfach nur Wurstinfluencer?
00:04:55: Also insofern... Es hat schon seinen Sinn gehabt, dass Robert Habeck das sagt.
00:05:00: Daraufhin hat wiederum Markus Söder natürlich beleidigt reagiert und hat gesagt, er ist einfach trotzig und beleidigt.
00:05:07: Und Markus Söder hat wiederum jetzt heute oder in den letzten Tagen dann auch schönen Kontakt nicht auf Robert Habeck, aber hat auch ein tolles Zitat gebracht, das ich gleich noch zitieren werde.
00:05:20: Auf jeden Fall ging es am Ende des Tages viel um dieses fetischhafte Wurstgefresse.
00:05:26: Und auch wenn wir darüber alle lachen und das Ganze hat, glaube ich, ein, zwei Tage ganz viele Menschen beschäftigt, ist vielleicht nicht das Problem an Markus Söder, dass er sehr viel wusst ist, sondern dass er seit zwanzig Jahren im Parlament sitzt und über zwanzigtausend Euro verdient.
00:05:42: Dazu seine Frau Millionären ist.
00:05:45: Und das heißt, ich gehe mal davon aus, dass es der Familie Söder finanziell sehr, sehr gut geht und dass er sich keine Sorgen machen muss.
00:05:52: Das heißt ... Dass er Fotos von Wurst macht, ist vielleicht nicht so sehr das Problem, sondern dass er seit mindestens zwanzig Jahren selber keinen anderen Job gemacht hat, als Politiker im Parlament zu sein, dabei inhaltlich hauptsächlich auf Bürgergeldempfänger eindrischt, auf Migranten eindrischt.
00:06:10: Wenn es gerade mal Passt und Opoptoumen ist, dann umarmt er auch mal ein Baum, weil er das Gefühl hat, jetzt müsste man über das Klima reden.
00:06:16: Ein Jahr später, wenn er merkt, der Wind dreht sich, sagt er wieder komplett das Gegenteil.
00:06:23: Es gibt keinen opportunistischeren Politiker als Markus Söder.
00:06:28: So ein Machtpolitiker, wie er, der wirklich ohne Abarmen auf die Ärmsten eindrischt und selber aber über zwanzigtausend Euro im Monat verdient und eben überall nur durchs Land reist und dann halt so ein scheiß Influencer ist.
00:06:42: Das ist, glaube ich, das Hauptproblem.
00:06:43: Und das ist typisch für unsere Zeit, dass wir uns darüber aufregen, was er ist.
00:06:48: Und das ist auch ein bisschen klischeehaft, dass die Grünen dann darüber sprechen.
00:06:52: Dass er Wurst ist, also dass diese alte Kulturkampf, der eine ist Wurst und der andere nicht.
00:06:57: Und das ist ehrlich so ein Punkt, an dem man überhaupt nichts gewinnt.
00:06:59: Sondern ich glaube wirklich, wir gewinnen politisch viel, viel mehr, wenn wir Markus Söder für das kritisieren, was er sagt, was er tut, was seine Politik ausmacht, seine Politik, die ihn Bayern dafür gesorgt hat, dass jemand wie ... Eivanger auch mit regieren kann, dass er da eine quasi rechtskonservative Regierung hat, jemand, der die ganze Zeit auch jetzt die Regierung wieder von rechts weiter treibt und im Grunde Lobbypolitik macht.
00:07:26: Das ist das Kernproblem an Markus Söder.
00:07:29: Das wird dann aber verdeckt von Dingen, die er auch selber sagt.
00:07:32: Also Markus Söder ist ja auch der perfekte hyperpolitische ... Politiker eigentlich.
00:07:38: Also Markus Söder selbst ist der Inbegriff eigentlich von Hyperpolitik.
00:07:42: Wenn ich einen Namen nennen müsste, würde er mir in jedem Fall als erstes einfallen.
00:07:47: Und er hat nämlich zuletzt und deswegen will ich das auch noch zu Tieren, weil es... So wunderschön ist, man könnte es gar nicht psychoanalytisch besser auf den Punkt bringen.
00:07:57: Markus Söder hat im Zuge der IAA, also der Automesse, die ja in Bayern stattfindet.
00:08:02: In München hat er Folgendes gesagt.
00:08:05: Ohne Auto, Maschinenbau und Chemie ist Deutschland eine Dame ohne Unterleib.
00:08:13: Jetzt ist natürlich vollkommen klar, was er damit meint.
00:08:16: Er will sagen ... Die Chemieindustrie, die Automobilindustrie, überhaupt die Industrie in Deutschland ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
00:08:24: Stimmt erst mal so, aber natürlich dadurch, dass er den Unterleib der Dame dazu bringt, ist das wieder überall zitiert worden.
00:08:33: Und er selber hat sich jetzt wieder ins Spiel gebracht, als der Autoretter, er hat den zehn Punkte planen, um die Automobilindustrie zu retten.
00:08:40: In Wahrheit betreibt die CDU CSU natürlich krasse Politik.
00:08:46: für den Verbrennermotor, aber vollkommen in einer dummen Art und Weise, weil sie quasi jeden Monat ihre Politik verändern.
00:08:55: Also immer wieder eine Rolle rückwärts machen.
00:08:56: Gerade gibt es Anfänge von Transformation in die E-Mobilität, in die Automobilindustrie.
00:09:03: Die Beschäftigten haben sich daran orientiert.
00:09:05: Viel wird umgestellt.
00:09:07: Und jetzt kommt wieder die Rolle rückwärts.
00:09:09: Und Markus Söder und viele andere machen da total viele Fehler dabei.
00:09:13: Also auch Katharina Reiche, die unterschiedliche Signale setzt.
00:09:16: irritiert eigentlich die Industrie damit.
00:09:18: Und was man dann damit macht, jetzt mal abgesehen von diesem bekloppten Zitat, ist eben einfach nur Unruhe zu stiften in einer so essentiellen Frage wie deutsche Industriepolitik, die über die nächsten zehn, fünf, zwanzig Jahre geplant werden müsste, um den Beschäftigten Sicherheit zu geben, um den Standortensicherheit zu geben, um wirklich klar zu haben, wie kann diese Transformation eigentlich gelingen.
00:09:42: Und, na ja, durch solche Sätze Kommt dann wieder nur der Punkt, ist Markus Söder ein Sexist oder nicht?
00:09:49: Ja, vermutlich ist er das, durch das, was er sagt.
00:09:52: Und vermutlich will er aber auch bewusst einfach nur provozieren.
00:09:56: Und das heißt, auch hier wieder im Kampf Grüne gegen CDU, wenn es darum geht, ist der Mann einfach ein wusst fressender, eher sexistischer Mann.
00:10:10: Ich hoffe, ich werde jetzt nicht wiederbelangt.
00:10:11: Ich habe ja schon eine Abmanung von der AfD.
00:10:13: Na ja, wir schauen mal.
00:10:18: Kann man sagen, ja.
00:10:20: Aber vielleicht ist es nicht, dass es Teil des Problems von Markus Söder ist, aber es ist nicht das Hauptproblem an Markus Söder.
00:10:26: Das heißt, wenn ihr das nächste Mal ein Sherpik von ihm seht oder ein Titel und euch über ihn aufregt, vergesst nicht, dass das Problem ist, dass er Lobbypolitik macht und menschenverachtende Politik betreibt.
00:10:36: Weit ausschlimmer als seine Dummsprüche und seine noch viel dümmeren Fotos.
00:10:40: Aber wenn wir weiter darüber reden, dann werden wir ihn wahrscheinlich nicht los, sondern er wird immer beliebter werden.
00:10:47: So, das war kurz das zum Einstieg, um ein bisschen warm zu werden.
00:10:50: Ich dachte, Markus Söder ist ein guter Einstieg für euch, um wieder zu wissen, was machen wir hier eigentlich bei Hyperpolitik, aber... Ich bespreche dann auch in jeder Folge ein Hauptthema, ein Thema, wo es ein bisschen substanzieller wird als einzelne Zitate.
00:11:08: Und was mich in den letzten Wochen jetzt wirklich am stärksten beschäftigt hat im Politbetrieb, jetzt eben weniger nur in den Nachrichten, obwohl natürlich beides immer eine Rolle spielt.
00:11:20: Auch jetzt noch in meinem Leben ist die Debatte um den Sozialstaat und um Bürgergeldempfänger.
00:11:27: Also, ich glaube, das wird uns wahrscheinlich auch noch die nächsten Monate beschäftigen.
00:11:32: Aber jetzt hat es gerade so einen Zenit erreicht, wo ich das Gefühl habe, man muss noch einmal darüber reden, weil ich in Interviews tatsächlich achtzig Prozent der Zeit, der Redezeit, die ich habe damit verbringe.
00:11:45: Fakten zu korrigieren über das Bürgergeld.
00:11:47: Also ich habe das nicht so schlimm erwartet, als ich mit dem Job angefangen habe, habe ich nicht so schlimm erwartet, dass man in den Medien öffentlich damit konfrontiert ist.
00:11:59: Natürlich von Aussagen von anderen Politikern, wo klar ist, dass sie auch bewusst was Falsches sagen, aber dass es selbst auch von Journalisten kommen und es ständig Suggestiefragen kommen, als wehrerin Bürgergeldempfängerinnen und Empfänger.
00:12:13: an allem Schuld.
00:12:13: Also das Ganze ist jetzt hochgezogen worden, weil es Haushaltsdebatten gibt und ich sitze ja auch im Haushaltsausschuss.
00:12:18: Das heißt, ich kriege das hautnah mit, welche Beträge fehlen, wo denkt die Regierung?
00:12:26: Könnte sie noch konsolidieren, was einfach nur ein Fake Begriff dafür ist, dass sie sparen wollen oder kürzen müssen.
00:12:34: Und dann, bevor sie an irgendeiner substanziellen Stelle kürzen oder vielleicht für höhere Einnahmen sorgen könnten, zum Beispiel mit einer Vermögenssteuer, also bei den Superreichen vielleicht mehr Geld an dem könnten, dreht sich die Debatte hauptsächlich um die Bürgergeldempfänger.
00:12:53: Und das ist real an Fakten gemessen.
00:12:57: Denkt Friedrich Merz, er könnte fünf Milliarden Euro sparen, um euch das mal ins Verhältnis zu setzen.
00:13:04: Der Bundeshaushalt jetzt in diesem Jahr, um zwei, hat eine Rekordsumme von über fünfhundert Milliarden Euro.
00:13:12: Also, fünfhundertzwei Milliarden Euro.
00:13:14: Und Friedrich Merz denkt, im kommenden Haushalt, im Haushalt, sechsundzwanzig, könnte er fünf Milliarden Euro sparen bei den Bürgergeldempfängern.
00:13:22: Das ist absolut irrwitzig.
00:13:25: Also, wenn man das mal bedenkt, was das bedeuten würde, das in Zahlen für Leute, die sowieso schon an der absoluten, am Existenzminimum leben, da noch zehn Euro wegzukürzen wäre.
00:13:37: Super krass, also was sich vielleicht für viele als nicht so viel anhört, aber das bedeutet natürlich noch einmal, an einem zwei warmen Essen zu sparen und wäre auch höchstwahrscheinlich nicht vom Bundesverfassungsgericht gedeckt.
00:13:50: Also was er macht, ist einfach blanker Populismus gegen Arme, blanker Krieg gegen Arme, weil er, obwohl er weiß, dass das Bundesverfassungsgericht das wahrscheinlich nicht... wahrscheinlich kassieren würde, trotzdem mit diesen Zahlen um sich wirft.
00:14:05: Bärbel-Bars, die Arbeitsministerin, sagt, man könnte ja zumindest mal eins, fünf Milliarden Euro kürzen.
00:14:11: Die geht also schon weiter runter.
00:14:13: Aber auch Bärbel-Bars, die das überhaupt nicht müsste, also die SPD macht das wirklich wieder ohne Not.
00:14:18: dass sie genauso darauf eindrischt und sagt, naja, fünf Milliarden sind zu viel, aber eins Komma fünf Milliarden, das geht schon bei den Totalverweigeren.
00:14:26: Und das ist ja, das sind ja auch mafiöse Strukturen.
00:14:29: So hat sich mal vor ein paar Monaten gesagt, wo ich mir denke, mafiöse Strukturen.
00:14:33: Das klingt jetzt so, als würde jeder Bürgergeldempfänger in der sozialen Hängematte sitzen und es gibt kein zerstörerisches Klischee in der deutschen Fernsehdebatte.
00:14:47: Im Privatfernsehen gibt es nur diesen typischen, das Bild von Hartz IV, von Bürgergeld, von den faulen Leuten, was ich in der Sozialsprechstunde mitbekommen, ist genau das Gegenteil.
00:14:57: Also Menschen, die andere Leute pflegen, ihre Eltern pflegen zum Beispiel oder Kinder pflegen und deshalb nicht im vollen Umfang arbeiten gehen können.
00:15:05: Das sind ganz, ganz viele Menschen, denen es psychisch nicht gut geht, die nicht mit dem Jobcenter klarkommen, also die wirklich Probleme haben, einen neuen Job zu finden.
00:15:15: Im Bürgergeld sind Ganz, ganz viele Kinder, die offensichtlich nicht arbeiten gehen können, wo schon klar ist, dass sie Bürgergeld beziehen, weil ihre Eltern arm sind, die also überhaupt nichts dafür können.
00:15:25: Also wirklich ein Großteil der fünf Millionen sind eigentlich Menschen, die nicht arbeiten gehen können aus verschiedenen Gründen.
00:15:34: Und von den fünf Millionen sind sowieso nur etwa eine Million, die überhaupt ... Arbeiten gehen könnten, den man für die man einen Job finden sollte, die man auch darin bestärken sollte, ihn helfen sollte, einzubekommen.
00:15:48: Und von den insgesamt Bürgergeldempfängern gibt es nur null Komma zwei sieben Prozent derjenigen, die als sogenannte Totalverweigerer gelten, denen dann mit Sanktionen gedroht wird in dem Fall.
00:16:00: Das heißt, es ist eine absolut extrem aufgebaute Debatte, die sich aber eigentlich um ein paar tausend Menschen dreht.
00:16:09: und überhaupt keinen Bezug zur Realität hat von hunderttausenden Menschen, die vielleicht sogar sowieso schon arbeiten, aber trotzdem noch Bürgergeld zum Aufstocken brauchen, weil sie so wenig verdienen.
00:16:21: Also das Problem ist tatsächlich, dass viel zu viele Menschen aufstocken müssen, weil die Jobs, die es gibt, so schlecht sind und weil es überhaupt keinen Anreiz dafür gibt diese Jobs anzunehmen natürlich, weil sie so beschissen sind.
00:16:34: Das heißt, anstatt etwas daran zu ändern und die Niedriglohnsektor auszutrocknen, anstatt den Mindestlohn zu erhöhen, um wirklich dafür zu sorgen, dass es für viele überhaupt einen Grund gibt, sich zu motivierender Arbeit zu suchen, anstatt das zu tun und das Menschen den Anreiz zu geben, auch nicht nur ... arbeiten zu gehen, um Geld zu verdienen, sondern ja auch im gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können und so weiter.
00:17:02: All das wird einfach nur durch ein System aus Angst und ein System aus Sanktionen runtergedrückt.
00:17:09: Und die politische Debatte ist eben so riesig.
00:17:12: Also ich habe jetzt, glaube ich, von allen Interviews, die ich gemacht habe, sind achtzig Prozent voll mit Fragen zum Bürgergeld.
00:17:19: Und ich sage jedes Mal ... Wir können ganz gerne über Reform im Sozialstaat sprechen und auch über Löcher, die gestopft werden müssen im Haushalt.
00:17:29: Aber es entbährt einfach jeder empirischen Grundlage, dass wir zu so einem großen Teil nur über das Bürgergeld sprechen, obwohl die Einsparungsmöglichkeiten massiv gering sind und einfach die Politik, die gegen die Ärmsten gemacht wird, wirklich ... zynisch ist angesichts der Realität, die ich erlebe und die eben auch viele andere Menschen erleben.
00:17:52: Und das macht etwas mit dem politischen Klima im Land, das macht auch was mit dem Diskurs darüber, wie wir über Geld sprechen und über Gerechtigkeit im Land sprechen.
00:18:03: Weil es trotzdem Mehrheiten gibt, das sagen wir dann Journalisten auch wieder, aber sie machen ja Politik gegen die Mehrheit im Land, weil die Mehrheit findet, dass es Sanktionen gegen Würgergeldempfänger braucht.
00:18:14: und dann sage ich, ja, und es ist auch Ihre Verantwortung, als Medien die Fakten klarzustellen.
00:18:20: Und wenn Sie permanent darüber reden, das ist beim Thema Migration genau das Gleiche und beim Thema Kriminalität genau das Gleiche, wenn Sie permanent darüber reden, wenn ich permanent das Gefühl habe, ich muss nur die Fakten richtig stellen, um überhaupt bis ich zum Punkt kommen kann, bis ich eigene Vorschläge machen kann und sagen kann, hey, wir können auch einfach ... Steuerschlupflöcher schließen, wir können die Vermögenssteuer einführen, das ist alles, das würde viel mehr bringen.
00:18:45: Die Vermögenssteuer würde hundert Milliarden jährlich einbringen, dann müssen wir über diese eins Komma fünf Milliarden im Bürgergeld überhaupt nicht mehr reden.
00:18:53: Also es ist einfach nicht der Rede wert, wenn man sich die Verhältnisse anschaut.
00:18:56: Also kurzum, das hat mich wirklich in den letzten Wochen am meisten beschäftigt und es ist aber auch und das ist das hyperpolitische daran.
00:19:10: dass über die tieferliegenden, grundlegenden Phänomene eben, also diese Angriffe auf den Sozialstaat und diese Angriffe auf diejenigen, die am wenigsten haben, natürlich einen Prinzip folgt.
00:19:23: Also es ist nicht einfach nur so, dass Leute zu faul sind, die Fakten zu recherchieren oder dass Markus Söder sich mal vertut oder Friedrich Merz sich mal vertut, sondern es ist vollkommen klar, dass es klassen kann von oben.
00:19:36: Strategie, um die Wut und die Verzweiflung, die es bei vielen Menschen gibt, in der Bevölkerung gibt, umzulenken auf bestimmte Bevölkerungsgruppen, seien das Bürgergeldempfängerin, seien das Migrantinnen, seien das Menschen, die aus welchen Gründen auch immer unsere Hilfe brauchen und auch den Sozialstaat brauchen.
00:19:57: Und dann statt zu sagen, wir sind stolz darauf, dass wir einen Sozialstaat haben und wir wollen ihn verteidigen, wir wollen ihn ja sogar noch eigentlich vertiefen.
00:20:04: allen soziale Sicherheit geben, wird es aber genutzt um, und das ist jetzt der Schwenk zu dem Haushalt insgesamt, um diesen gesamten Haushalt, der so ungerecht ist, zu legitimieren.
00:20:17: Also man stellt dann einen Sündenbock hin und redet permanent über diejenigen, an denen man ja noch sparen könnte, um davon abzulenken, dass es gleichzeitig Unternehmensgeschenke gab in Form der Senkung der Körperschaftsteuer zum Beispiel.
00:20:32: praktisch an die oberen ein Prozent geflossen, die dann eben durch Ausschüttungen an Aktionäre von den Gewinnen quasi direkt an ganz wenige gehen, die davon profitieren.
00:20:44: Vierundzwanzig Milliarden.
00:20:46: Alle dieser Steuergeschenke, die jetzt gemacht wurden mit der Bundesregierung, darüber soll nicht zu viel gesprochen werden, denn wenn wir darüber reden würden, würden sich mehr Menschen darüber empören.
00:20:56: Deswegen haben die Parteien, haben CDU, SPD einen Interesse daran, dass über die Schwächsten gesprochen wird, weil das dann von ihrer eigenen Politik ablenkt und auch ablenkt davon, dass die Interessen geleitet ist.
00:21:09: Und deswegen ist es, glaube ich, so wichtig.
00:21:11: Und das ist ja immer das, womit ich schließen möchte, eben bei den Hyperpolitikfolgen, weil ich euch nicht das Gefühl geben will, es ist alles so schlimm und wir können daran überhaupt nichts ändern.
00:21:23: Ich glaube trotzdem, dass extrem wichtig ist in solchen Situationen.
00:21:28: einerseits Haltung zu bewahren und nicht in den Chor einzustimmen, der sagt, okay, stimmt, jetzt hassen halt alle dann Bürgergeldempfänger, dann sagen wir dazu einfach gar nichts oder wir machen einfach mit, weil das wäre opportun.
00:21:43: Soll andere Parteien geben, die das auch schon mal gemacht haben, die einfach aus Opportunismus dann auch in diesen Chor eingestimmt haben, aber ich glaube da... Haltung zu beweisen ist extrem wichtig, aber auch weiter aufzuklären.
00:21:56: Also ich werde dann, wie gesagt, nicht müde, die Fakten auf den Tisch zu legen und auch das hilft in jeder Debatte, egal ob das online ist oder am Familientisch, dass ihr auch rausgeht und sagt so und diese Sachen nicht einfach so stehen lasst.
00:22:11: Also manchmal will man nicht in den Konflikt gehen, das kann ich verstehen.
00:22:14: Aber dass man in der Öffentlichkeit und wo auch immer man damit konfrontiert ist, sagt, nein, das stimmt einfach nicht.
00:22:18: Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass darüber weiter aufgeklärt wird.
00:22:23: Es ist wichtig und im Gespräch kann man auch Menschen überzeugen bei den Haustürgesprächen, die wir führen.
00:22:29: Also es ist wichtig, Leute über die Umstände aufzuklären und zu sagen, wer profitiert eigentlich wirklich von diesem System?
00:22:35: Wer müsste eigentlich wirklich höher besteuert werden?
00:22:37: Meine Erfahrung ist eigentlich positiv darin, dass Leute, wenn sie einmal mehr darüber wissen, auch eine andere Position darin entwickeln.
00:22:46: Also, dass es immer Solidarität gibt mit denjenigen, die sonst eben keine Lobby in der Politik haben, aber vor allem auch mehr Menschen davon zu überzeugen, dass es ihnen überhaupt nichts bringt, wenn ihre Nachbarin, die von Bürgergeld lebt, dass es ihr noch schlechter geht, sondern dass es ihr vielleicht, ihr im Niedriglohnsektor arbeitet oder in der Pflege arbeitet, viel zu viel arbeitet, besser gehen würde, dass wir für ihre Rechte kämpfen.
00:23:10: Impetus der arbeiterinnen Bewegung zu sagen, gemeinsam sind wir stark und wir lassen uns nicht spalten.
00:23:16: Und wir lassen es auch nicht zu, dass einzelne angegriffen werden.
00:23:19: Wir lassen es auch nicht zu, dass auf die Schwächsten eingedroschen wird.
00:23:22: Dass es so ein starker Impetus und zu sagen, wir kämpfen gemeinsam für bessere Lebensbedingungen, ist, glaube ich, etwas, was gerade bei solchen Angriffen und es werden noch viel, viel mehr kommen.
00:23:34: Also das war wahrscheinlich nur ... Jetzt die Vorhut, die wir erlebt haben.
00:23:38: Es wird noch viel weiter Attacken geben auf die Rente, auf die Pflege, auf alle sozialen Sicherungssysteme, die wir so haben.
00:23:46: Und wir sollten uns da gut rüsten und miteinander zusammenstehen.
00:23:51: Und ich hab das Gefühl, dass wir diesen Herbst der Reform, den Friedrich Merz angekündigt hat, der wirklich nur heißt, das ist der Herbst der Attacken auf den Sozialstaat.
00:24:03: dass wir dagegen gemeinsam aufstehen müssen und dagegen auch mobilisieren müssen, wenn es soweit ist.
00:24:09: Denn es reicht uns zwar nicht, den Sozialstaat zu verteidigen, aber wenn es soweit ist, müssen wir es tun.
00:24:15: Denn was einmal weggeschnitten wurde, das wissen wir seit der Agenda.
00:24:19: Das kriegt man nicht so schnell wieder zurück.
00:24:21: Deswegen lohnt es sich dagegen aufzustehen und das können wir auch gerne gemeinsam machen.
00:24:27: Deswegen am Ende ist es nicht mehr für eine Zeitschrift, sondern für eine Partei.
00:24:31: Deswegen kann ich das, glaube ich, einfach sagen.
00:24:33: Werdet Mitglied einer Partei, am besten vielleicht der Linken, oder eine Gewerkschaft in jedem Fall.
00:24:39: Ihr könnt auch euch beim Mieterverein melden oder bei Sozialverbänden.
00:24:44: Also es ist immer wichtig, gemeinsam sich zu wehren und nicht allein zu bleiben.
00:24:48: Das ist das Wichtigste, um den, ja, um Hyperpolitik zu durchbrechen.
00:24:55: Und in diesem Sinne.
00:24:56: Freue ich mich, wenn ihr euch die Folge angehört habt.
00:24:58: Ich freue mich auch, wenn ihr dem Ganzen ein Like gebt oder das Teil dann eure Freunde schickt.
00:25:02: Und wenn wir uns dann bei der nächsten Folge wiedersehen, wenn ihr Hinweise habt oder Fragen, dann schreibt sie auch gerne, denn das ist jetzt ja die erste neue Folge.
00:25:11: Und wir sind natürlich daran interessiert, dass es besser und noch tollerer wird für euch.
00:25:17: Und wir sehen uns dann beim nächsten Mal.
00:25:19: Macht's gut!